Den Abschluss und Höhepunkt des diesjährigen Jugendtages bildete der Gottesdienst im großen Saal des Berliner Maritim Hotels. Jugendliche hatten unter dem Motto „Du hast mir gerade noch gefehlt!“ ihre Freunde zum Gottesdienst eingeladen. Bezirksapostel Wolfgang Nadolny, Präsident der Gebietskirche Berlin-Brandenburg, predigte über Offenbarung 3, 20: „Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an.“
Vieles war ungewöhnlich bei diesem Jugendtag: Bezirksapostel Wolfgang Nadolny predigte nicht wie üblich hinter dem Altar, sondern kam kurz nach Beginn des Gottesdienstes an die Bühnenkante. Die Liebe, die zuvor von den Sängern des Jugendchores bejubelt wurde („Wie selig ist’s zu lieben“) suche immer Nähe und Gemeinschaft und deshalb sei es ihm auch ein Anliegen, den Jugendlichen und ihren Gästen besonders nahe zu sein, begründete er seinen Schritt. Vormittags hatten Ausstellungen die Neuapostolische Kirche in teilweise amüsanter Form näher gebracht. Es gab so genannte „Funny Facts“, in denen Jugendliche ‚ihre‘ Kirche mit einem Augenzwinkern darstellten, wenn sie etwa die Höhe einer Abendmahlspyramide aus jährlich verbrauchten Hostien aufzeigten. Oder die Geschichte der Kirche auf einem Zeitstrahl sichtbar machten. Workshops beschäftigten sich mit dem vermeintlichen Gegensatz von Glaube und Wissenschaft oder versuchten die Frage nach dem eigenen Glauben zu klären.
Der Gottesdienst vor dem Gottesdienst
Bereits tags zuvor war der große Saal des Maritim Schauplatz eines Gottesdienstes – wenngleich er nicht nach neuapostolischer Liturgie stattfand. Zwei Chöre feierten die D-Dur Messe Antonin Dvoraks in Latein und die Gospelmesse von Robert Ray in englischer Sprache. „Das war ein Gottesdienst“, fasste Bezirksapostel Nadolny den Abend zusammen, der damit noch nicht abgeschlossen war. Es schlossen sich eine Diskussionsrunde mit Reinhard Kiefer, theologischer Berater des Stammapostels, und eine Andacht mit Bischof Harald Bias in der Lounge des Hotels an.
Der eigentliche Gottesdienst wurde durch einen „Crashkurs Liturgie“ vorbereitet. Um 14 Uhr füllte sich der Saal zusehends. In einem anmoderierten Einspieler wurde der Ablauf eines Gottesdienstes vorgestellt. Genutzt wurden dramaturgische Elemente, wie sie zuletzt auch in einem Tatort zu sehen waren: Der Ablauf wurde angehalten und die Moderatorinnen ließen sich in dieser Pause die aktuelle Situation am Altar vom Prediger erklären.
Dein Nächster braucht dich!
Anschließend feierte Bezirksapostel Nadolny mit etwa 1200 Teilnehmern den Jugendtagsgottesdienst. Das Motto sei durchaus zweideutig. Die bekanntere Form sei sicher der negative Gedanke. So würde die Formulierung meist gebraucht, wenn man den Angesprochenen gerade „gar nicht brauchen kann“, er eher störe. Den Schwerpunkt legte er allerdings auf die positive Deutung, wenn beispielsweise ein Freund unverhofft helfen komme.
Gott wende sich in seiner Liebe den Menschen immer wieder zu. „Wie steht es mit deiner Antwort?“, stellte er die Frage an die Gottesdienstteilnehmer. Da melde sich vielleicht das Gewissen, weil man anderen Menschen wehgetan, sie vielleicht sogar verletzt oder missbraucht habe. Oder man sei niedergeschlagen, weil einem etwas Schlimmes widerfahren sei. Und dann klopfe Jesu an die Tür, immer und immer wieder. „Jesus kann nerven“, er wolle immer wieder in die Gemeinschaft führen, weil der Mensch zur Gemeinschaft geschaffen sei. Für die kleinste Gemeinschaft, die Ehe und Familie, die Freundschaft ebenso, wie für die Gemeinschaft mit Gott. „Du brauchst deinen Nächsten“, er habe gerade noch gefehlt zum Glück. Und wenn es wirklich einen Gott gebe, der alles geschaffen hat, dann werde er einmal fragen, „wie du mit deinem Nächsten umgegangen bist“. Die Schlussfolgerungen daraus sei doch, sich das Leben schöner, statt gegenseitig schwer zu machen, dem anderen in der Not helfen und ihm beizustehen. Mobbing, Intoleranz und Ausgrenzung dagegen würden die Gemeinschaft zerstören. „Dein Nächster braucht dich!“ – es sei wichtig, die Umwelt mit ihren Bedürfnissen wahrzunehmen und das Leben gemeinsam zu gestalten. Niemand könne dauerhaft allein leben. Auch heute sei der Zweifel an der Gerechtigkeit Gottes Ursache vieler Konflikte. Und „Mord beginnt schon, wenn man über jemanden sagt ‚Der ist für mich gestorben‘“. Der Auftrag Gottes an die Christen sei aber, allen Menschen Gutes zu tun. Dadurch verändere sich auch das eigene Leben und Wesen hin zum Wesen Jesu. Philippus habe Jesus Christus einmal gebeten, den Jüngern den Vater – also Gott – zu zeigen. „Wer mich sieht, der sieht den Vater!“, diese Antwort war der Verweis auf das eigene Leben Jesu (Joh. 14,8.9). „Bemüh dich, Christi Wesen in deinem Leben zu zeigen“, rief der Bezirksapostel die Jugend auf. Damit werde die Welt ein Stück besser. „Du brauchst Jesus, damit dein Leben einen Sinn hat“, schlussfolgerte er.
Jesus - Gott braucht dich
Gott sei die Liebe. Aber Gottes Liebe sei nicht beliebig. Nachdem Gott in Jesus Christus vor 2.000 Jahren ein Mal auf die Erde gekommen und später auch wieder zum Himmel aufgefahren sei, habe er einen Auftrag hinterlassen: „Gott braucht dich, damit die Menschen spüren, dass sie von ihm geliebt werden“. Es gehe dabei nicht um Äußerlichkeiten. Die Frage sei, wie man damit umginge, dass es dem Anderen, dem Nächsten schlecht ginge. Gott begegne den Menschen „in deiner Person“. Jesus ruft auch heute Menschen in seine Nachfolge: „Hey du, ja du, du hast mir gerade noch gefehlt. Zeige den Menschen, wie sie die Welt ein wenig schöner machen können. Lass sie teilhaben an deiner Freude!“. Viele Jugendliche hätten Gäste eingeladen, um den eigenen Glauben zu zeigen. Dieser sei aber nicht passiv, sondern aktiv. „Liebe die Menschen und zeige ihnen, dass das der Weg ist, der zu Gott führt“, fasste Bezirksapostel Nadolny zusammen. Es sei ein Zeichen gottgewollter Gemeinschaft, dass man sich gegenseitig brauche. Zu weiteren Predigtbeiträgen rief der Bezirksapostel die Apostel Marat Aktschurin, Klaus Katens und Bischof Udo Knispel an den Altar.
Nach dem Gottesdienst stellte der Bezirksapostel die sogenannte JAG – die Jugendaktivgruppe vor. 10 junge Menschen hatten den Jugendtag zum wiederholten Mal vorbereitet. Bei Gründung der Gruppe habe er gesagt, es solle niemand älter als 25 Jahre in dieser Gruppe arbeiten. Nun sei es an der Zeit, auch um neue Mitarbeiter zu werben. Und er stellte die Planung für 2016 (Jugendtag in der Kirche Berlin-Lichtenberg) vor. 2017 dann solle es wieder einen mehrtägigen Jugendtag über das Himmelfahrtswochenende geben, kündigte er unter dem Jubel der Jugendlichen an.
Text: jel
Fotos: dru