Die Neuapostolische Kirche Berlin-Brandenburg will bei der Unterbringung von Flüchtlingen helfen. Als "Pilotobjekt" wurde die Begegnungsstädte Weiße Stadt in Reinickendorf ausgewählt. Derzeit laufen Gespräche darüber mit dem zuständigen Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo). Daneben unterstützen seit einigen Monaten bereits Kirchenmitglieder aus Gemeinden in Berlin und Brandenburg Flüchtlinge in ihrem Alltag.
Das erste Gespräch mit dem LaGeSo sei ergebnisoffen verlaufen, sagte Kirchenverwaltungsleiter Guido Wernicke. Ein Knackpunkt sei, dass die
Begegnungsstätte Weiße Stadt eigentlich zu klein sei, weil laut LaGeSo an einem Standort mindestens 40 Flüchtlinge untergebracht werden sollten. "Allerdings haben wir angeboten, das Haus kostenlos zur Verfügung zu stellen. Dadurch hätte der Senat die Möglichkeit, die höheren Fixkosten dadurch auszugleichen." Das LaGeSo wolle nun zunächst die Baupläne des Gebäudes auswerten und anschließend nach einer Vorortbegehung entscheiden, ob es die ehemalige Kirche für geeignet hält oder nicht, so der Verwaltungsleiter.
Unabhängig davon hatte auch der Leiter der Gebietskirche, Bezirksapostel Wolfgang Nadolny, in den vergangenen Monaten mehrfach dazu aufgerufen, Solidarität mit Flüchtlingen zu zeigen. Unter anderem hatte er im November in einem Rundschreiben an die Jugendgruppen der Gebietskirche erklärt, dass es "herzlich wenig" helfe, Flüchtlingen und Asylsuchenden "eine Einladung in unsere Kirche auszusprechen". Gefragt sei tätige Nächstenliebe. Neben ihrem Hab und Gut hätten die Flüchtlinge oft auch Angehörige und Freunde verloren und kämen traumatisiert nach Deutschland. Sie benötigten menschliche Wärme, Zuwendung, Verständnis und Liebe. Er appellierte deshalb: "Öffnet eure Herzen für diese leidgeprüften Menschen. Öffnet, wenn es möglich ist, auch eure Wohnung."
"Flüchtlinge brauchen Begegnungen mit uns Einheimischen"
Genau das wird in einigen Gemeinden auch praktiziert. "Wir haben die Flüchtlinge zu uns nach Hause eingeladen. Auch Weihnachten waren sie bei uns, und wir haben einfach Zeit miteinander verbracht mit essen, reden und spielen", erzählt Evangelist Torsten Hausdorf, der Vorsteher der Gemeinde Lauchhammer. Lauchhammer liegt im Landkreis Oberspree-Lausitz und gehört zum Kirchenbezirk Cottbus. Im November suchte die Gemeinde Kontakt zum dortigen Flüchtlingsheim, in dem unter anderem junge Männer aus Eritrea untergebracht sind.
"Wir haben uns mit etwas Englisch und mehr mit Gestikulieren verständigt", erinnert sich auch seine Frau, Annett Hausdorf. Seit Januar unterstützen sie mit anderen Helfern aus der Umgebung die Geflüchteten mit Deutschkursen und bereiten sie so auf den staatlich angebotenen Deutschunterricht vor. Denn etlichen fehlen die Mindestvoraussetzungen zur Teilnahme an diesen Lehrgängen. Daneben zeigte sich die Gemeinde auch sachspendefreudig. "Im Winter fehlte es zum Beispiel an Schuhen, und sofort spendete ein Bruder aus der Gemeinde mehrere neue Schuhe!" Zuvor waren aus der Gemeinde schon zehn Fahrräder überreicht worden.
Durch den regelmäßigen Kontakt sind die persönlichen Beziehungen zu den Flüchtlingen immer enger geworden. Als die jungen Männer vor kurzem berichteten, dass Freunde von ihnen bei einem Massaker der Terrororganisation IS ums Leben gekommen seien, organisierten sie in der Gemeinde kurzfristig eine Trauerandacht. "Flüchtlinge brauchen Begegnungen mit uns Einheimischen und damit unsere Zeit!", sagt Gemeindevorsteher Hausdorf.
Jugendgruppe engagiert sich in Moabit
In Berlin engagiert sich unter anderem die Jugendgruppe der Gemeinde Charlottenburg in der Flüchtlingshilfe, konkret in der Initiative "Moabit hilft". "Wir sind dort zuständig für die Verteilung und Organisation von Sachspenden", sagt Luisa Helmeke, eine der Jugendlichen. "Wenn Leute etwas anbieten, prüfen wir, ob die Dinge tatsächlich benötigt werden und organisieren die Abholung oder Termine für die Übergabe. Anschließend geht es darum, Touren zur Flüchtlingsunterkunft zu organisieren, um die Sachen zu verteilen."
Auch aus der Gemeinde meldeten sich immer wieder Mitglieder, die etwas spenden möchten. Besonders groß war die Unterstützung für eine Osterfeier im Flüchtlingsheim, für die die Jugendlichen ebenfalls Spenden aus der Gemeinde eingesammelt hatten. "Wir hatten Unmengen an Süßigkeiten und Deko und konnten damit ein großes Stück zum Gelingen des Festes beitragen."
Zustande gekommen war der Kontakt mit der Initiative "Moabit hilft" durch die Jugendgruppe selbst. "Ich bin auf meinem Heimweg von der U-Bahn immer an einer Flüchtlingsunterkunft vorbeigekommen und hab mich gefragt, ob ich nicht auch etwas tun sollte", erzählt Luisa. Nicht zuletzt durch den Appell des Bezirksapostels fühlten sie und andere Jugendliche der Gemeinde sich animiert, aktiv zu werden und besuchten im Januar ein Treffen der Initiative. Seitdem hat sich die Zusammenarbeit immer weiter intensiviert. Luisas Fazit: "Wir können mit ein klein bisschen Verzicht Menschen helfen, die selbst auf alles verzichten müssen, um ihr Leben und das ihrer Kinder zu retten."
thg