Schöneberg: Gemeindeabend mit konkreten Informationen

Es war bereits der zweite Abend, zudem die Mitglieder der Gemeinden Berlin-Schöneberg, -Wilmersdorf und -Schmargendorf in die Erfurter Straße geladen waren. Am 25. Juni 2018 informierte Bezirksapostel Wolfgang Nadolny über die Entscheidung des Landesvorstandes, den Standort in der Erfurter Straße aufzugeben und die Gemeinden zusammenzuführen. Weitere Informationen über die Hintergründe zur geplanten Fusion, zum Zustand der Kirche in Schöneberg, zum gemeinsamen Gemeindestandort in der Ravensberger Straße und zu geplanten Baukosten vermittelten Verwaltungsleiter Guido Wernicke und der Leiter der Bauabteilung, Heiko Nevermann, am Abend des 15. November 2018 den Gemeindemitgliedern.

Es gehe ihm zunächst darum, neben den Rahmendaten zu notwendigen Sanierungskosten und dem Zustand des Bestandsgebäudes der Gemeinde Schöneberg, den Entscheidungsprozess transparent zu machen, so Guido Wernicke zu Beginn der Veranstaltung. Man habe das Immobilienportfolie der Kirche softwaregestützt bewertet und ergänzende Betrachtungen zur Wirtschaftlichkeit der Gebäude angestellt. Zusammen mit den prognostizierten Entwicklungen des Mitgliederbestandes (u. a. Altersstruktur) und der Struktur des Amtskörpers einer Gemeinde ergebe sich daraus eine Entscheidungsgrundlage für den Landesvorstand, dem laut Satzung der Gebietskirche Berlin-Brandenburg die Apostel und Bischöfe angehören. Für das sogenannte Pastoralkonzept seien darüber hinaus die seelsorgerischen Belange der Gemeinden wichtig. Alle Ergebnisse würden mit Unterstützung aus den Fachabteilungen der Verwaltung vom Landesvorstand bewertet. Am Ende stehe dann ein langfristiges Handlungskonzept, welches in regelmäßigen Abständen geprüft und neu beraten werde. Ein bis zwei Jahre vor einer konkreten Standortentscheidung werde diese erneut hinterfragt und die Grundlagen für vormalige Entscheidungen geprüft. Zwischenzeitliche Änderungen würden so immer wieder in den Beratungsprozess einfließen.

Gebäude Erfurter Straße ist Sanierungsfall

Heiko Nevermann gab anschließend Auskunft zum Gebäudezustand der Kirche in Schöneberg. Entstanden im Jahr 1928 habe die Berechnung des Instandsetzungsbedarfes bis 2030 eine Summe von zirka 2,6 Millionen Euro ergeben. Neben dem Dach aus dem Jahr 1974 würden insbesondere Haustechnik, Leitungsnetz aber auch die Feuchtigkeitsschäden im Keller eine Sanierung notwendig machen. Dazu kämen problematische Raumbeziehungen bei Empore und Nebenräumen, Betriebskosten von zirka 26.000 Euro im Jahr sowie Kosten für die Anmietung zusätzlicher Parkflächen. Bei größeren Umbaumaßnahmen verliere man den Bestandsschutz für Sicherheit und Brandschutz, so Heiko Nevermann. Deshalb müsste man über die Sanierung hinaus erheblich investieren, um 75 Prozent eines Gebäudeneuwertes zu erreichen. Das Ziel liege bei Sanierungen sogar bei rund 80 Prozent. Bei einer derzeitigen Auslastung von etwa 47 Prozent der anhand von Quadratmetern gerechneten Platzkapazität und der mehrjährigen erfolglosen Suche nach einem geeigneten Bauplatz in der Nähe sei die Entscheidung gefallen, den Standort in der Erfurter Straße aufzugeben. Auch ein Neubau an gleicher Stelle sei keine Alternative. Die Kosten wären noch höher. Das ergab eine zusätzliche Bewertung. In diesem Fall seien vor allem zusätzliche Schutzmaßnahmen für die Nachbargebäude zu treffen, so Heiko Nevermann auf Nachfrage aus dem Publikum. Deshalb habe man sich für einen "Beinahe-Neubau" am Standort Wilmersdorf entschieden.

Seelsorge wird großgeschrieben

Immer wieder kam Thorsten Gabriel, der den Abend moderierte, auf Fragen aus den Gemeinden zu sprechen, die im Vorfeld gesammelt und zur Beantwortung an die Kirchenleitung geleitet worden waren. Einen großen Anteil nahm dabei das zugrundeliegende Pastoralkonzept ein. Wie kann man bei der geplanten Fusion der Gemeinden der Seelsorge gerecht werden? Wichtig sei, so der Verwaltungsleiter, die frühe Einbindung der Gemeinde. Bezirksapostel Wolfgang Nadolny habe hierfür im Jahr 2016 die Richtschnur von mindestens einem Jahr festgelegt. Die Information der Gemeinden Schöneberg, Wilmersdorf und Schmargendorf erfolge mit 2-4 Jahren Vorlauf jedoch deutlich früher. Die generelle Offenlegung einer Strategie halte er dennoch für falsch. Zum einen ergäben sich in der rollierenden Strategieumsetzung mit einem Zeithorizont bis zu zwei Jahren einfach zu viele Veränderungen der entscheidenden Rahmenkriterien, die eine Neubeurteilung und Entscheidung nach sich zögen. Gleichzeitig bestünde die Gefahr von sich selbsterfüllenden Prophezeiungen, also einem rasanten Rückgang der Gemeindeaktivitäten. Der Landesvorstand halte es für wichtig, verlässlich und glaubwürdig zu agieren, nicht sprunghaft. Ziel und Anspruch sei es, den Gemeinden ein neues und dauerhaftes Zuhause zu bieten. Hierfür ließen sich unpopuläre und schmerzhafte Maßnahmen nicht vermeiden. Guido Wernicke verwies auf ein Zitat des Bezirksapostels: "Noch können wir agieren und müssen nicht reagieren". Letztlich gehe es auch nicht darum, die Gemeinde aufzugeben, sondern lediglich darum, ein frisch saniertes Gebäude zu beziehen - neue geschwisterliche Kontakte "on top".

Liebenswerte Gemeinde erhalten

Viele Fragen vorab, aber auch Wortmeldungen des Abends bezögen sich auf das neue Gemeindekonzept, so Thomas Krack, Leiter des Kirchenbezirks und verantwortlicher Seelsorger. Natürlich sei gerade in der Seelsorge ein Vertrauensverhältnis unbedingte Voraussetzung. Deshalb werbe er dafür, den Gemeindemitgliedern möglichst lange den ihnen vertrauten Seelsorger zu erhalten. Gemeindeleben sei aber nicht an einen Standort gebunden, sondern "ist eine Frage der Beziehungen untereinander". Es gelte zu überlegen, welche Veränderungen man selbst auf sich nehmen wolle, "weil einem der Mensch in der Gemeinde etwas wert ist". Der Wert einer Gemeinde sei nicht am Gebäude messbar, sondern sei die Summe ihrer Mitglieder. Er werbe dafür, die Kraft der Gemeinde zu nutzen und einer "Müdigkeit durch die Fusion" entgegenzuwirken. "Es geht nicht um das Gebäude, sondern um die Gemeinschaft, die Schöneberg ausmacht", pflichtete ein Gemeindemitglied bei. Anderen, die sich zu Wort meldeten, ging es um den Erhalt der Gemeinde: "Die Wohlfühlgemeinde kann doch erhalten bleiben, wenn auch an einem anderen Standort."

Umbau der Ravensberger Straße entspricht Neubau

Für die Ravensberger Straße habe man eine Bauvoranfrage zu einer zweiten Parkebene gestellt, so Doreen Molzahn, Architektin eines externen Planungsbüros. Alle weiteren Überlegungen seien Entwürfe, die in 2019 in eine Genehmigungsplanung münden sollen. Die Idee sei, die räumliche Nutzung neu zu organisieren. Angefangen beim Keller, der neben einer großen Sakristei auch Toilettenanlagen beherbergen soll, über einen neuen Grundriss im Erdgeschoss, bis hin zum Einbau eines Fahrstuhles, um alle Etagen behindertengerecht erreichen zu können. Ein Eltern-Kind-Raum mit großer Glasscheibe sei hinter dem Gemeindesaal geplant. Darüber hinaus wolle man das Foyer freundlicher und offener gestalten. Neben der Verschiebung der Garderobenanlage aus dem Mittelbereich an den Rand, sei dazu ein großes Fenster in der Nord-Ost-Fassade geplant. Hierüber würde sowohl die Treppe in Unter- und Obergeschoss, als auch der sogenannte Vorraum mit Tageslicht beleuchtet werden. Das Obergeschoss werde ebenfalls neu konzipiert. Durch die Schließung der Empore entstünden hier mehrere große Nebenräume, die mittels mobiler Trennwände unterschiedlich zusammengestellt werden könnten.

Beteiligung erwünscht

Eine Genehmigungsplanung sei im ersten Halbjahr 2019 denkbar, so Doreen Molzahn. Neben dem Bauantrag sei dabei die Genehmigung der "Förderkommission Kirchenbau Europa" einzuholen. Der Umbau sei ein sogenanntes FKE-Projekt, werde also von anderen Gebietskirchen Europas gefördert. Die Ausführungsplanungen könnten bis Ende 2019 abgeschlossen sein, so dass in den Jahren 2020 und 2021 gebaut werden könne. Bis dahin gebe es aber noch viel zu tun, so Bezirksvorsteher Krack. Die Gemeindemitglieder sind eingeladen, sich in den weiteren Prozess mit Ideen einzubringen. Zunächst empfehle er die Bildung von Arbeitsgruppen für die Bereiche Seelsorge, Gottesdienst, Kinder, Jugend und Musik. In diesen Gruppen solle es um inhaltliche und terminliche Priorisierung gehen. Denkbar sei auch eine Gruppe Bau, die sich mit Anregungen aus der Gemeinde in den Bauablauf einbringt. Und letztlich sei da noch die Frage nach dem Gemeindenamen.

"Ein ehrlicher Austausch", so das Fazit eines Besuchers, der diese Diskussion gern früher geführt hätte. "Das Gefühl des Mitgenommenwerdens ist zumindest heute Abend entstanden."

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