Ihm sei bewusst, dass mit Gemeindestandorten immer auch Emotionen verbunden seien. Deshalb habe man das jetzt vorgestellte Konzept im August des Jahres, anlässlich der jährlichen Klausurtagung des Landesvorstandes, umfangreich diskutiert und erörtert. Neben dem seelsorgerischen Aspekt, Gemeinden möglichst beisammen zu lassen, habe aber vor allem der erwartete Investitionsbedarf an beiden Standorten zu dem Plan geführt, beide Gemeinden miteinander zu fusionieren. Beide Kirchengebäude seien bisher auch für große Veranstaltungen genutzt worden, so der Bezirksapostel. Der Rückgang der Mitglieder führe aber dazu, dass man künftig solche großen Räumlichkeiten nicht mehr brauche. Für größere Veranstaltungen habe die Gebietskirche Kirchen mit genügender Platzkapazität, oder nutze Übertragungen via Internet.
Sehr hohe Instandsetzungskosten
In Berlin-Lichtenberg stehen Renovierungs- und Instandsetzungsarbeiten an, die einen Umfang von etwa 3,4 Millionen Euro haben, erläuterte Heiko Nevermann, Leiter der Bauabteilung. Neben der Heizungsanlage, für die etwa 250.000 Euro prognostiziert werden, müsste man auch die Fenster und das Leitungsnetz der Kirche nicht nur überarbeiten, sondern "grundsätzlich anpacken". Die Betrachtung von Berlin-Treptow habe ein ähnliches Bild ergeben. Durch die alte Bausubstanz, die Kirche wurde 1926 gebaut und ab 1950 wiedererbaut, und zum Teil nur unzureichend reparierte Kriegsschäden sei eine grundlegende Rekonstruktion nicht wirtschaftlich. Die Untersuchungen hätten hier einen Instandsetzungsbedarf von 2,8 Millionen Euro für die nächsten 20 Jahre ergeben. Darüber hinaus würde das Gebäude auch den Bedarf einer fusionierten Gemeinde an Nebenräumen nicht decken können.
Betriebskosten deutlich gestiegen
Verwaltungsleiter Guido Wernicke referierte zu den aktuellen Zahlen der Gebietskirche. So sei in den Jahren 2011 bis 2018 die Anzahl der sonntäglichen Gottesdienstbesucher von knapp 8.000 auf 6.400, also um rund 20 Prozent, zurückgegangen. Durch die Reduzierung der Sitzplatzkapazität, also die Fusionen der vergangenen Jahre, habe man den Aufwand für die Betriebskosten der Kirchengebäude zwar konstant halten können, das bedeute aber, dass die Maßnahmen inzwischen keine Einsparungen mehr brächten. Betrachte man die reinen Betriebskosten je vorgehaltenen Sitzplatz, seien diese im genannten Zeitraum sogar um etwa 30 Prozent gestiegen. Bedingt durch die Größe der Kirchen und das Vorhalten für gemeinsame Veranstaltungen sei in beiden Gemeinden ohnehin eine geringe Auslastung als an anderen Standorten zu verzeichnen. Sonntags liege sie in der Gemeinde Lichtenberg bei 18 Prozent, in Treptow mit 16 Prozent noch darunter.
Doppelter Umzug in neues Gebäude
Einmal jährlich tagt der Landesvorstand zweitägig. In der sogenannten Klausur beraten sich die Apostel und Bischöfe der Gebietskirche mit den für die Bereiche Bau- und Finanzverwaltung verantwortlichen Mitarbeitern zur Struktur und Gebäudezuständen der Gemeinden und legen die Strategie jeweils für das nächste Jahr fest. Dieses Vorgehen stelle sicher, dass man auf Veränderungen in den Gemeinden reagieren könne und nicht "einfach einem vorgegebenen Plan umsetzt", so der Verwaltungsleiter. So habe man bereits seit 2014 versucht, alternative Standorte für den Neubau einer Kirche in den Stadtteilen Lichtenberg und Treptow zu finden. Der Immobilienmarkt sei derzeit so überhitzt, dass man als Kirche bei den geforderten Preisen nicht kaufen könne. Der Landesvorstand habe deshalb in seiner Augustklausur nach intensiver Beratung beschlossen, die Gemeinden Berlin-Lichtenberg und -Treptow zunächst am Standort Münsterlandplatz zu fusionieren und für die Gemeinde am Standort Schmollerplatz ein neues Gebäude zu errichten, erklärte der Bezirksapostel. Dort sei eine Mischnutzung durch Gemeinde und Gebietskirche, etwa für Seminare, Proben und so weiter, denkbar. Neben einer Parkebene könne das Grundstück wegen seiner idealen Größe und der dort üblichen Bebaubarkeit zusätzlich mit Büro- oder Wohnräumen überbaut werden. Um Planungssicherheit zu schaffen sind die Gemeindemitglieder beider Gemeinden gebeten, sich zu dem geplanten Vorgehen im Gespräch mit ihrem zuständigen Seelsorger zu äußern. Die endgültige Entscheidung des Landesvorstandes stellte Bezirksapostel Nadolny für das Ende des Jahres 2019 in Aussicht.