...beginnt mit Jean Sibelius' "Andante festivo". Es konzertiert das Orchester der Gebietskirche...

"Wohlergehen der Seele ist Angelegenheit des Glaubens" – Musikalische Feierstunde in Berlin-Lichtenberg

Zur Einstimmung auf den Gottesdienst für Entschlafene am ersten Märzsonntag hatte Bezirksapostel Wolfgang Nadolny für Samstag, 28. Februar 2015, zu einer musikalischen Feierstunde in das mit rund 1.200 Sitzplätzen größte Kirchengebäude der Gebietskirche nach Berlin-Lichtenberg eingeladen. Unter den Gästen befand sich auch der internationale Kirchenleiter, Stammapostel Jean-Luc Schneider, der nach Berlin gereist war, um den ersten Entschlafenengottesdienst im Jahr 2015 mit seinen Brüdern und Schwestern in Berlin-Brandenburg zu feiern (siehe gesonderte Berichterstattung dazu). Gestaltet wurde die Feierstunde durch das rund 45 Mitglieder starke sinfonische Orchester der Gebietskirche und rund 150 Sängerinnen und Sängern aus den Chören der Kirchenbezirke Berlin-Südwest und Brandenburg. 

Mit seinen im Programmflyer abgedruckten Begrüßungsworten erinnerte der Bezirksapostels daran: "In den vergangenen Wochen haben uns viele schreckliche Nachrichten erreicht: Terror, Kriege, Mord und Totschlag. Aber auch Epidemien und Katastrophen haben Menschen unvermittelt getroffen und ihrem Leben ein Ende gesetzt." Neben der Not und dem Elend, das Tag für Tag aus allen Ecken der Welt zu uns dringe, stehe zudem das Erinnern an die Gräueltaten der Vergangenheit. Im Zweiten Weltkrieg, dessen Ende sich in diesem Jahr zum 70. Male jährt, seien weltweit mehr als 50 Millionen Menschen gestorben. Schon diese Zahl lasse einen erschaudern und stumm werden. Der Bezirksapostel rief dazu auf: "Lassen wir unsere Seelen angesichts der Dichte schlechter Nachrichten nicht abstumpfen, sondern bewahren wir uns mitfühlende Herzen." Es sei wichtig, die Liebe Gottes an jene, "die Leid tragen, und jene, die Leid getragen haben, wie auch jene, die Leid verursacht haben", weiterzugeben.

Erster Programmteil

Nach einer kurzen Begrüßung und einem Dank- und Fürbittgebet des Stammapostels eröffneten die Streichinstrumente mit dem "Andante festivo" von Jean Sibelius die musikalische Feierstunde. Ursprünglich als "musikalischer Gruß Finnlands an die Welt" gedacht, wurden die Zuhörerinnen und Zuhörer mit der hymnischen Musik gleichsam eingeladen, durch die in der Folge in unterschiedlichen (Teil-)Besetzungen vorgetragenen Werke den Blick über das Irdische hinaus zu Ewigem, Göttlichem zu weiten. So intonierten zunächst Orchester und Bezirkschor das Lied "Ich hebe meine Augen auf".  In selber Zusammensetzung endete auch er erste, zehn Titel umfassende, musikalische Programmteil mit dem Lied "Betende Hände" in einer Komposition von Gustav Kilmer.

Lesung "Generation ohne Abschied" von Wolfgang Borchert

Neben den musikalischen Elementen war in das Programm – wohl ein Novum bei vergleichbaren Veranstaltungen in der Neuapostolischen Kirche – die Lesung eines literarischen Textes eingebettet. Es handelte sich um "Generation ohne Abschied" des deutschen Schriftstellers Wolfgang Borchert (1921–1947), der als junger Mensch Gewaltherrschaft und Krieg erleben musste und in seinen Werken verarbeitete. Gerade der gewählte Text der sogenannten "Trümmerliteratur" gibt Einblick in den zerrissenen inneren Zustand der jungen Kriegsgeneration ("Wir sind die Generation ohne Bindung und ohne Tiefe. Unsere Tiefe ist der Abgrund …"), schließt aber mit einem hoffnungsvollen Ausblick ("Vielleicht sind wir eine Generation voller Ankunft zu einem neuen Lieben, zu einem neuen Lachen, zu einem neuen Gott …"). Die Lesung des Textes aus dem Hintergrund – also ohne für alle sichtbaren Sprecher – verstärkte noch dessen Wirkung. Die zu Gehör gebrachten Worte, so hatte es Bezirksapostel Nadolny in seinen einführenden Gedanken im Programmflyer formuliert, sollen "uns mahnen …, unsere Herzen weit zu machen für alle Menschen – auch und besonders  für jene, die teils unter grauenvollen Umständen von dieser Erde gegangen sind."  Die Worte Borcherts machen schmerzlich bewusst, dass Krieg, Gewalt und Unterdrückung immer noch in vielen Teilen der Erde Lebenswirklichkeit sind und bis heute traumatisierte, verletzte Seelen in die jenseitige Welt ziehen.

Schlussteil des Programms

Der hoffnungsvolle, aber wage Ausblick des Borchert-Textes fand dann die konkrete Antwort mit dem durch Blechbläser in einer Bearbeitung von H. Bietz intonierten Lied "Stern, auf den ich schaue", in dessen Text es am Ende heißt: "Alles, Herr bist du!" Trost und Orientierung auf Gott und Jesus Christus vermittelten auch die drei letzten Beiträge des Bezirkschores in Begleitung von Orchester oder Orgel: "Liebe, die du mich zum Bilde", "Denn er hat seinen Engeln befohlen" und "O du mein Trost".

Abschließende Gedanken des Stammapostels

In seinen Schlussworten charakterisierte Stammapostel Schneider die Feierstunde als gehaltvoll, eindrucksreich, tiefgehend und wohltuend. Aber "nicht erst seit heute" habe die Vorbereitung auf den Gottesdienst für Entschlafene begonnen. Die Seelen im Jenseits brauchten die Gebete der Gläubigen, aber auch für diese sei das eine "Quelle des Segens", zumal es die Möglichkeit eröffne, sich "in einer ichbezogenen Welt in Nächstenliebe zu üben" und die Zeit zu nutzen, "Mitleid für den Nächsten, hier und drüben" zu empfinden. Mitunter werde für den Zustand der Seelen im Jenseits die bildersprachliche Vorstellung eines "Gefängnisses" und der Befreiung aus diesem verwendet. Damit mache man es sich ein bisschen zu einfach. Die Seelen empfingen die Sakramente, "wie wir sie auch empfangen (haben)" so der Stammapostel. Und er leitete eine Frage daraus ab: Wie wichtig ist einem selbst Heiliges Abendmahl, Heilige Wassertaufe und Heilige Versiegelung und welche Kraft schöpfe man daraus ("… was mache ich damit?"). Wohlergehen der Seele sei – hier wie dort – eine Angelegenheit des Glaubens.

Den Dank an die Akteure gestaltete der Stammapostel in der Weise, dass er das Auditorium bat, sich für ein paar stille Momente zu erheben und die Vortragenden den Dank und die Empfindung des Erlebten spüren zu lassen.

Weitere Impressionen finden Sie in unserer Bildergalerie.

Text: MM
Fotos: dru

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